Iraks Blogger
Auch wenn ich diesem Mann ungern zustimme, muss ich feststellen, dass George Bush Recht hat auf die äusserst selektive Berichterstattung hinzuweisen die in Bezug auf den Irak betrieben wird. Es gilt zu grossen Teilen noch immer die Maxime: a good story is a big story.
Wie steht es, abseits der weltpolitischen Bedeutung und innerpolitischen Auswirkungen, um die Menschen im Irak?
Der Irak verfügt über Universitäten und Hochschulen - eben diese Institutionen an denen sich der Ansatz zur Veränderung und zum Neubeginn am Unmittelbarsten ablesen lässt. Was denken ihre Studenten und Dozenten? Welche Mittel stehen ihnen zur Verfügung, woran mangelt es? Was sind ihre Ziele und Vorstellungen, ihre Hürden und Fehlschläge? Worauf gründet sich ihre Hoffnung und Zuversicht? Wie wird mit der Knappheit an Ressourcen an Schulen und Kindergärten umgegangen? Wie die Lehrer ausgebildet? Wie die Schüler unterrichtet? Was versteht ein irakischer Jugendlicher als "Erfolgserlebnis"? Was geschieht jenseits von Bagdad?
'river' - eine Bloggerin aus Bagdad - bietet dabei eine Version ihrer Wahrnehmung die sich wie folgt liest:
"School, college and work have been on again, off again affairs. It seems for every two days of work/school, there are five days of sitting at home waiting for the situation to improve. Right now college and school are on hold because the “arba3eeniya” or the “40th Day” is coming up- more black and green flags, mobs of men in black and latmiyas. We were told the children should try going back to school next Wednesday. I say “try” because prior to the much-awaited parliamentary meeting a couple of days ago, schools were out. After the Samarra mosque bombing, schools were out. The children have been at home this year more than they’ve been in school."
Eine weiterer Bericht zum Thema Bildung und Schulen im Irak:
"Some 311 teachers plus 64 pupils below 12 years have been killed in the past four months, according to the latest tally from the Ministry of Education."
Dabei sind bei weitem nicht alle irakischen Blogs unvoreingenommen zu lesen. Der wohl grösste und bekannteste dürfte "Iraq the Model" sein. Dieser hält sich an die alles übertönenden und effektvollen Nachrichten. Man denkt und schreibt darin gerne überschwänglich und vermeidet das Detail am Rande. Das dreijährige 'Jubiläum' des Krieges wird darin zu einer Frage nach Saddam Hussein. Probleme, ja die gibt es. Das weiss man und spricht es auch aus, aber ohne dabei konkret zu werden. Man bleibt lieber plakativ.
Bei 'river' ist die Situation ein wenig anders. Viele der derzeitigen Blogs wurden kurz nach Kriegsende von Amerikanern unterstützt und vor allem finanziert. Dazu gehören afghanische Blogs (z.B. Afghan Warrior, Afghan Lord) als auch irakische (z.B. Iraq at a glance, Iraq the Model, Sun of Iraq, Free Iraq). All diese genannten Blogs haben gemeinsam, dass sie mit Hilfe von Tom Villars mit Sitz in Michigan, USA entstanden.
Villars sorgte dafür, dass gespendet und dieses Geld an die Blogger weitergeleitet wurde. Ein wenig enttäuscht berichtet er auf seiner Seite, dass es ihm nicht gelang 'river' anzuwerben und daher sind ihre Beiträge von den anderen Blogs verschieden, indem sie persönlicher und deutlich weniger pro-amerikanisch formuliert sind.
Auf meine Anfrage warum er sein Projekt mittlerweile eingestellt hat, antwortete Mr.Villars, dass sich die Situation geändert hätte, die Kosten für Internetbetreiber und Privatpersonen seien in den letzten Monaten gesunken und so könnten sich die meisten Blogger selbst tragen. Dennoch zeigte er sich darüber verbittert, dass sich die irakischen Blogger untereinander sehr eingeschränkt ausgetauscht hätten und es so gut wie keine Diskussion oder Kontakte zwischen ihnen gäbe.
Zudem sähe er nachwievor das grösste Problem darin, dass die westlichen Medien den Irak im Rahmen des politischen, anstelle eines menschlichen Kontextes behandelten.
Tag für Tag liest und hört man von irakischen Zivilisten, die vor dem Hintergrund ethnischer 'Säuberungsaktionen' oder aufgrund von militärischen Fehleinschätzungen umkommen. Leider muss man sich an dieser Stelle einer Platitüde bedienen und sagen, dass diese Opfer in den Medien als Zahlen und nicht als Menschen angeführt werden. Wie der Tod eines aus unserer Sicht Unbekannten mit einem Mal vertraute Züge und ein Gesicht erhält, kann man hier nachlesen.
Welches Gesicht hat die US-Armee? Ist es das Gesicht der Besatzer, auf das 'river' in ihren Beiträgen hartnäckig und unbeirrt verweist? Oder gibt es auch andere Gesichter dieser Armee? Eines dieser Gesichter entwickelt auf seiner Seite eine ganz eigentümliche Stimme, wenn 'One Veteran' von den ersten toten Irakern spricht, die er im Krieg sah oder wenn er von seiner ersten Anti-Kriegsdemonstration berichtet, während ein anderer Soldat mit mathematischer Akribie versucht sich diesen Krieg selbst verständlich zu machen.
Die Vielzahl an Ansätzen lässt sich in Anbetracht dieser Blogs kaum auf einen Nenner bringen. Die Motivationen und Sichtweisen sind so unterschiedlich, wie die Erfahrungen der Menschen die diese Berichte verfassen. Entweder von einer Chance für den Irak oder einer politischen und militärischen Fehlentscheidung zu sprechen ist als grobe Orientierung zwar nicht falsch, aber unzutreffend und vor allem unzureichend.
Man kann daher lediglich an die Medien appelieren dem zweiten Blick mehr Platz einzuräumen. Der zweite Blick ist der Blick der sich einstellt wenn die Explosion verklungen und der Rauch verweht ist. Der zweite Blick heftet sich nicht an den Effekt, sondern an dessen Folge. Erst der zweite Blick nimmt das Einzelne wahr und erkennt wie es ist und was es ist.
Bleiben wir beim ersten Blick stehen, können wir gleich alle unsere Sender auf Fox News umstellen.
Wie steht es, abseits der weltpolitischen Bedeutung und innerpolitischen Auswirkungen, um die Menschen im Irak?
Der Irak verfügt über Universitäten und Hochschulen - eben diese Institutionen an denen sich der Ansatz zur Veränderung und zum Neubeginn am Unmittelbarsten ablesen lässt. Was denken ihre Studenten und Dozenten? Welche Mittel stehen ihnen zur Verfügung, woran mangelt es? Was sind ihre Ziele und Vorstellungen, ihre Hürden und Fehlschläge? Worauf gründet sich ihre Hoffnung und Zuversicht? Wie wird mit der Knappheit an Ressourcen an Schulen und Kindergärten umgegangen? Wie die Lehrer ausgebildet? Wie die Schüler unterrichtet? Was versteht ein irakischer Jugendlicher als "Erfolgserlebnis"? Was geschieht jenseits von Bagdad?
'river' - eine Bloggerin aus Bagdad - bietet dabei eine Version ihrer Wahrnehmung die sich wie folgt liest:
"School, college and work have been on again, off again affairs. It seems for every two days of work/school, there are five days of sitting at home waiting for the situation to improve. Right now college and school are on hold because the “arba3eeniya” or the “40th Day” is coming up- more black and green flags, mobs of men in black and latmiyas. We were told the children should try going back to school next Wednesday. I say “try” because prior to the much-awaited parliamentary meeting a couple of days ago, schools were out. After the Samarra mosque bombing, schools were out. The children have been at home this year more than they’ve been in school."
Eine weiterer Bericht zum Thema Bildung und Schulen im Irak:
"Some 311 teachers plus 64 pupils below 12 years have been killed in the past four months, according to the latest tally from the Ministry of Education."
Dabei sind bei weitem nicht alle irakischen Blogs unvoreingenommen zu lesen. Der wohl grösste und bekannteste dürfte "Iraq the Model" sein. Dieser hält sich an die alles übertönenden und effektvollen Nachrichten. Man denkt und schreibt darin gerne überschwänglich und vermeidet das Detail am Rande. Das dreijährige 'Jubiläum' des Krieges wird darin zu einer Frage nach Saddam Hussein. Probleme, ja die gibt es. Das weiss man und spricht es auch aus, aber ohne dabei konkret zu werden. Man bleibt lieber plakativ.
Bei 'river' ist die Situation ein wenig anders. Viele der derzeitigen Blogs wurden kurz nach Kriegsende von Amerikanern unterstützt und vor allem finanziert. Dazu gehören afghanische Blogs (z.B. Afghan Warrior, Afghan Lord) als auch irakische (z.B. Iraq at a glance, Iraq the Model, Sun of Iraq, Free Iraq). All diese genannten Blogs haben gemeinsam, dass sie mit Hilfe von Tom Villars mit Sitz in Michigan, USA entstanden.
Villars sorgte dafür, dass gespendet und dieses Geld an die Blogger weitergeleitet wurde. Ein wenig enttäuscht berichtet er auf seiner Seite, dass es ihm nicht gelang 'river' anzuwerben und daher sind ihre Beiträge von den anderen Blogs verschieden, indem sie persönlicher und deutlich weniger pro-amerikanisch formuliert sind.
Auf meine Anfrage warum er sein Projekt mittlerweile eingestellt hat, antwortete Mr.Villars, dass sich die Situation geändert hätte, die Kosten für Internetbetreiber und Privatpersonen seien in den letzten Monaten gesunken und so könnten sich die meisten Blogger selbst tragen. Dennoch zeigte er sich darüber verbittert, dass sich die irakischen Blogger untereinander sehr eingeschränkt ausgetauscht hätten und es so gut wie keine Diskussion oder Kontakte zwischen ihnen gäbe.
Zudem sähe er nachwievor das grösste Problem darin, dass die westlichen Medien den Irak im Rahmen des politischen, anstelle eines menschlichen Kontextes behandelten.
Tag für Tag liest und hört man von irakischen Zivilisten, die vor dem Hintergrund ethnischer 'Säuberungsaktionen' oder aufgrund von militärischen Fehleinschätzungen umkommen. Leider muss man sich an dieser Stelle einer Platitüde bedienen und sagen, dass diese Opfer in den Medien als Zahlen und nicht als Menschen angeführt werden. Wie der Tod eines aus unserer Sicht Unbekannten mit einem Mal vertraute Züge und ein Gesicht erhält, kann man hier nachlesen.
Welches Gesicht hat die US-Armee? Ist es das Gesicht der Besatzer, auf das 'river' in ihren Beiträgen hartnäckig und unbeirrt verweist? Oder gibt es auch andere Gesichter dieser Armee? Eines dieser Gesichter entwickelt auf seiner Seite eine ganz eigentümliche Stimme, wenn 'One Veteran' von den ersten toten Irakern spricht, die er im Krieg sah oder wenn er von seiner ersten Anti-Kriegsdemonstration berichtet, während ein anderer Soldat mit mathematischer Akribie versucht sich diesen Krieg selbst verständlich zu machen.
Die Vielzahl an Ansätzen lässt sich in Anbetracht dieser Blogs kaum auf einen Nenner bringen. Die Motivationen und Sichtweisen sind so unterschiedlich, wie die Erfahrungen der Menschen die diese Berichte verfassen. Entweder von einer Chance für den Irak oder einer politischen und militärischen Fehlentscheidung zu sprechen ist als grobe Orientierung zwar nicht falsch, aber unzutreffend und vor allem unzureichend.
Man kann daher lediglich an die Medien appelieren dem zweiten Blick mehr Platz einzuräumen. Der zweite Blick ist der Blick der sich einstellt wenn die Explosion verklungen und der Rauch verweht ist. Der zweite Blick heftet sich nicht an den Effekt, sondern an dessen Folge. Erst der zweite Blick nimmt das Einzelne wahr und erkennt wie es ist und was es ist.
Bleiben wir beim ersten Blick stehen, können wir gleich alle unsere Sender auf Fox News umstellen.
pluswit - 21. Mär, 16:12