Darstellungen von Mohammed

mohammed
Mohammed zerteilt den Mond - aus einem persischen Manuskript (Falnameh) der Prophezeiungen (im Besitz der Sächsischen Staatsbücherei)

Es tut mir leid, aber ich habe keinen Funken Verständnis für gewalttätige Prosteste wie in einigen Palästinensergebieten oder in Jakarta, die gegen die dänischen Karrikaturen gerichtet sind. Kritik daran: ja, auf jeden Fall. Abgesehen vom Argument der Pressefreiheit waren einige der Zeichnungen ungeschickte und unsensible Fehlgriffe.
Aber deswegen die dänische Flagge verbrennen?

Natürlich richten die Medien ihre Linsen wieder einmal auf, rein zahlenmässig, Minderheiten die einfach nicht zu wissen scheinen was Protest eigenlich bedeutet. Jedoch müsste es auch klare Stimmen aus der muslimischen Welt geben, die auch diese Ausbrüche verurteilen.

Und noch etwas zu dem Thema der Darstellung der Propheten Mohammed. Es gibt da z.B. iranische bzw. persische Manuskripte und Darstellungen aus dem Mittelalter auf denen der Prophet illustriert ist. Mal ohne Gesicht und stattdessen mit einem Schleier, mal mit einem Gesicht. Eine Vielzahl dieser Darstellungen sind jedoch stark beschädigt oder vollständig verloren, da es auch eine Art "Bildersturm" gab, wie später mit dem Aufkommen der Protestanten.
Es ist falsch zu sagen, dass es innerhalb der islamischen Welt grundsätzlich immer verboten war den Propheten Mohammed darzustellen. Diese Verbote und Konventionen sind kulturell und historisch bedingt und nicht von vornherein und unveränderbar durch eine höherer Macht auferlegt.
Cut1977 - 3. Feb, 18:42

Während ich mir überlegte, was ich als Kommentar zu Pluswits gelungenem Posting schreiben könnte, war ich sehr niedergeschlagen. Irgendwie sah ich vergangene Bemühungen um Verständigung zwischen Völkern und Religionen zerstört, und zwar nicht durch die Karikaturen, sondern durch die Reaktion darauf. Jetzt werden dänische Flaggen verbrannt und Leute terrorisiert und zeitweise entführt und es wird wüst beschimpft und gedroht. Wie soll man auf so was reagieren? So läuft das nicht. Diesem Fanatismus sollte man auf keinen Fall nachgeben, indem man sich entschuldigt. Aber es scheint hier so eine Kluft zu bestehen, dass man gar nicht sachlich darüber reden kann. Zumindest nicht die beiden streitenden Parteien miteinander.

pluswit - 7. Feb, 22:24

Ehrlich gesagt hatte ich angenommen, dass die Proteste nach nur ein oder zwei Tagen abnehmen würden. Nun sind es schon fast zwei Wochen vergangen und es gab weitere Gewaltausbrüche und sogar Tote.
In der Zwischenzeit gab es Diskussionsrunden, Zeitungsartikel, Onlinebeiträge und politische Erklärungen. Doch eine Annährung der Ideologien zeichnet sich nicht ab.

Der jordanische Chefredakteur Jihad Momani des Magazins "Shihan" liess einige der Zeichnungen abdrucken und wurde dafür entlassen. Obwohl er die Cartoons eindeutig verurteilte, stellte er die Frage was den Islam eigentlich schwerwiegender beleidigen würde. Die abgedruckten Zeichnungen oder Selbstmordattentäter, die sich und unbeteiligte Muslime in den Tod sprengen?
Nachdem Momani sich öffentlich entschuldigte, sitzt er jetzt im Gefängnis.

Satirische Darstellungen des Irakfeldzugs der Amerikaner, die Ereignisse des 11. Septembers, der moralische Verfall des Westens und der ewig schuldige und niedere Jude sind nachwievor Teil der iranischen Medien, der ägyptischen Presse, oder der syrischen Fernsehstuben. Wenn schon die Medien in den arabischen Ländern keine revolutionären Brüche mit ihren politisch Mächtigen wagen wollen, wieso gibt es dann z.B. keine Karikaturen von Bin Laden, der seit Jahren von einem Versteck zum nächsten hetzt und dabei noch in aller Ruhe Bücher empfiehlt (http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,398296,00.html).
Wie wäre es mit dem irakischen Terroristen Abu Musab al-Zarqawi, der für zahlreiche Blutbäder unter den Schiiten verantwortlich ist, für Entführungen und die Verbreitung von Propagandamaterial in Form von Videos (z.B. Selbstmordanschläge) und Tonbandaufnahmen unter Verwendung des Internets?
Warum vernimmt man nicht eine selbstbewusste und klare Stimme in der islamischen Welt, die eben dies anklagt? Wieso sind es entweder einzelne Idividuen oder eine angenommene Mehrheit, aber nie eine präsente Masse, die gegen Radikalität und Missbrauch des Islam angeht?
Ich denke, es ist richtig an der Meinungsfreiheit festzuhalten, die leider so sehr zu einem westlichen Wert geworden ist. Der Westen hat zweifellos einige wesentliche Vorteile, die auch als solche gesehen werden müssen: einem Dieb werden die Hände oder Finger nicht abgehackt, Frauen werden nicht gesteinigt oder verstümmelt, Minderjährige nicht gehängt oder Verbrecher öffentlich geköpft.

Jetzt plant eine iranische Zeitung einen Wettbewerb. Es sollen Karikaturen zum Holocaust angefertigt werden. Jedoch muss man die iranischen Initiatoren dieses Einfalls enttäuschen, denn hier hat man schon lange gegen den Holocaust gelacht. Roberto Benignis "Das Leben ist Schön" oder die französische Produktion "Le train de la vie" dürften den meisten in Erinnerung sein. Zwar sind diese Filme nicht als bösartige Verfälschungen zu verstehen, wie sie wohl vom Iran zu erwarten sind, aber sie lassen das Grauen im Lachen noch grauenvoller werden. Eine Art der Darstellung die wohl zutiefst westlich zu sein scheint. Während wir also dem Holocaust ein Lachen entgegensetzen, will man dort dem Holocaust eine lachende Fratze verleihen.

Doch gibt es auch hier ätzende Satiren gegen das Christentum. Man nehme nur Monty Python's "The Life of Brian" - dies könnte ein Mahmud Ahmadinedschad auch nicht einmal annähernd so präzise, provokativ und gleichzeitig doch erhellend darstellen.

Wieso sind wir in der Lage damit mehr oder weniger gelassen umzugehen? Kann es sein, dass Ironie, in ihrer breiten Bedeutung und Funktion, tatsächlich ein rein westlicher Wert ist?

Disklammer

Cut1977 und Pluswit versuchen es.

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