Taumatiae

Mit den Wahrheiten ist das so eine Sache.

Ich war bei der von dir beschriebenen Szene ja auch anwesend und kann mich genau erinnern, wie M. in seiner gelangweilten und coolen Weise im Grunde befand, dass ja eh alles nur Meinungen seinen und man sich nach diesen je nach Lust und Laune richten könne.
In diesem Augenblick war Röhrs Argument wirklich sehr treffend, um einfach mal darauf aufmerksam zu machen, dass man nicht einfach alles, sobald es einem nicht gefällt oder wenn es keine unmittelbare Bedeutung für einen selbst entwickelt, als blosse, subjektive Meinung kleinreden oder kleindenken kann.
Wie er sagte, gibt es tatsächlich Gedanken, von denen man leben kann.

Ich würde jedoch davon abrücken, diese nach ihrem Wahrheitsgehalt zu bewerten. Was ist denn Wahrheit überhaupt? Die faktische Wahrheit ist ja nachvollziehbar: Merkel ist die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Das ist wahr. Merkel wird Deutschland aus der Krise führen - ist dies wahr? Wie steht es andereseits um ideologische Wahrheiten? Was sind allgemeine Wahrheiten? Gibt es letztere überhaupt?
Die Frage nach der Wahrheit ist auch immer eine Frage nach einem endgültigen, in seinem Kern permanenten Zustand. Die Frage nach der Wahrheit läuft auf ein Resultat hinaus, dass klar beurteilt und kategorisiert werden kann: dies ist eine Wahrheit und nun?

Entscheidender für mich ist das Denken auf eine mögliche Wahrheit hin und dabei kann es sehr wohl passieren, dass man nie an sein Ziel gelangt oder feststellt, dass man einer vorgetäuschten Wahrheit aufgesessen ist. Nicht die Wahrheit sollte das Ziel sein, auch nicht ein ausweichender Relativismus, sondern das Denken als Weg und als ein bewusst gegangener Weg.

Herr Cut - war es das schon mit den Kommentaren?

Nein, das war es nicht. Zu dem Geschriebenem muss/will ich was längeres schreiben.

Ja, aber wann denn?

Eigentlich ging es mir in dem Posting mehr um die Person Dr. Röhr. Wie er Schülern Dinge vermittelte, und was sein Lehren wert war. Aber dass daraus jetzt diese Diskussion entsteht, ist mir ebenfalls recht. Es zwingt mich, Gedanken zur Frage der „Wahrheiten“ im oder des Lebens konkret zu formulieren.
Ich gehe bei dieser Frage ganz stark von einem inneren Gefühl aus. Auch wenn in der Philosophie für Gefühle nicht viel Platz ist, insofern, dass sie Beweise bringen will, Wissen und nicht Glauben mehren will, so scheint mir in einer Nicht-Wahrheit (oder etwas, das man nicht als Wahrheit benennen will) immer ein ausweichender Relativismus zu stecken. Der Weg ist nie das Ziel, nur das Ziel ist das Ziel und das Ziel ist die Wahrheit. In meiner Aussage liegt keine Wertung. Ich sage nicht: Menschen, die den Weg in ihrem Schaffen als wertvoll betrachten und bewusst Wege gehen wollen, haben das Wesentliche, ein Ziel, aus den Augen verloren und gehen deshalb falsch. Ich sage nur, dass ich es als so empfinde. Die Frage, ob Merkel Deutschland aus der Krise führen wird, wirft 1. die Frage auf, ob es überhaupt eine Krise gibt, und 2. wenn ja, dann wird sich diese Aussage als wahr oder falsch erweisen, das kann nur die Zeit zeigen. So eine Frage erscheint mir allerdings auch kaum geeignet, um „Wahrheiten“ zu definieren. Obwohl in der Philosophie Regeln aufgestellt werden und diese dann natürlich auf alle Fragen angewendet werden können müssten… ups, Grammatik weg. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass weder du noch ich erschöpfend Auskunft zu der Frage „Wahrheiten“ geben können.

Der Weg ist nicht das Ziel, sondern das Ziel ist das Ziel.
Acha. Und wie gelangt man zum Ziel? Über das Ziel?

Und doch - Gefühle in der Philosophie spielen natürlich eine Rolle. Es kommt nur darauf an, welche Philosophie man da im Sinn hat. Derrida und Foucault oder vielleicht doch eher Platon und Sokrates oder sogar Petrarca oder vielleicht Wackenroder?
Alles sehr unterschiedliche Ansätze und auch 'das Gefühl' spielt darin eine Rolle.
Um Petrarca zu nennen:
"Das Gute zu wollen ist wertvoller, als das Wahre zu erkennen."

Du bist dir ziemlich sicher, dass weder ich noch du erschöpfend Auskunft zu der Frage "Wahrheiten" geben kann? Diese Art von Wahrheiten interessieren mich nicht.
Die hypothetische oder endgültige Wahrheit überlasse ich dem Philosophen, soweit dieser nicht mittlerweile die Lust daran verloren hat und sich lieber anderem zuwendet.
Mich interessiert die unmittelbare, erfahrbare Wahrheit.
Lügt sie/er mich an oder meint sie/er es ehrlich? Ist sie/er glücklich oder spielt sie/er mir etwas vor? Sind meine Absichten ehrlich? Bin ich das, der fühlt?

Natürlich interessieren mich die unmittelbaren Wahrheiten auch mehr als die philosophischen. Aber darum ging es doch in dem (ursprünglichen) Posting nicht. Da ging es mir explizit um die Bereicherung des eigenen Wissens durch den Unterricht bei Dr. Röhr.

Das macht doch nichts.
Kein Grund nicht darüber zu sprechen.