Sonntag, 13. November 2005

Khold

kholdkrek

1994 gingen wir noch zur Schule und hatten im Gegensatz zu den meisten unserer Mitschüler zu diesem Zeitpunkt die Bravohits, als auch die Hitparaden und damit einen allgemein vorfabrizierten Musikgeschmack hinter uns gelassen.
Ich war auf der Suche nach musikalischen Extremen und es war jenes Jahr, als wir zum ersten Mal den Begriff 'Black Metal' hörten. Ich erinnere mich genau, als Cut eines Nachmittags bei mir vorbeikam, um unsere gerade gelieferte Bestellung an CDs gemeinsam durchzuhören. Eigentlich kam er nicht einfach vorbei. Er rannte. Und zwar von seinem Haus zu unserer Wohnung.
Da war sie. Die erste 'Black Metal'-Erfahrung: Ulvers "Bergtatt".
Was wir hörten war so neu und unbeschreiblich, dass wir von diesem Tag an für die nächsten Jahre gar nicht mehr mit dem Bestellen aufhörten und unser musikalisches Black Metal Archiv somit bedeutend wuchs.
Einige Freunde und Bekannte begannen sich ebenfalls für diese Richtung zu begeistern.
Wir gingen auf Konzerte, ich lernte Leute kennen, die bereits seit den späten 80ern diese Bewegung begleiteten. Ich kam in Kontakt mit unterschiedlichen Bands, Magazinen, schloss Freundschaften, Bekanntschaften, bis zu dem Punkt, als sich die Szene zusehends ideologisch radikalisierte.
Immer mehr rechtsgerichtete Bands schossen aus dem Boden, mit ihnen Labels und Fans. Den wenigsten war bewusst, was ihnen eigentlich angeboten und verkauft wurde. Irgendwann erhielt ich einen Drohbrief, da ich mich in einem Magazin zu diesem Wandel geäussert und ihn kritisiert hatte. Danach folgte der zweite.
Zu dieser Zeit (es war mittlerweile 1999) fand mein Umzug statt und mit diesem Umzug begann auch eine Zeit, in der Black Metal für mich zu einem rein nostalgischen Gehalt wurde. Ich besass noch immer alle meine CDs, doch mit den Jahren landeten die meisten im Keller und blieben dort.
Das 'Bergtatt'-Album habe ich nach wie vor in meinem Zimmer, auch die 'Ved Buens Ende'-CDs. Ab und an werden diese alten Scheiben und mit ihnen Erinnerungen aufgewärmt, um dann wieder auf unbestimmte Zeit im Archiv zu verschwinden.

Viele Bands von damals legten seit 1998 und 1999 zum Teil für Jahre eine Pause ein. Ulver gehören nicht dazu und auch nicht Satyricon. Dann kamen sie wieder, nach und nach. Einige Bandmitglieder waren mittlerweile aus dem Gefängnis entlassen (wie im Fall von Dissection oder Emperor) und wollten es noch einmal wissen. Die Resultate liegen auf der Hand:
langweiliger, einfallsloser und vollkommen belangloser musikalischer Müll. Das stimmte mich teilweise zufrieden, da die Szene damit irgendwann ohnehin ihr eigenes Ende einleiten würde.


Doch die Zeit birgt Überraschungen.
Zum ersten Mal hörte ich von KHOLD im Jahr 2003.
Da ich zu dieser Zeit mit anderen Dingen beschäftigt war und diese Veränderungen meine ganze Aufmerksamkeit benötigten, vergass ich sie wieder. Bis vor zwei Tagen, als mich ein alter Freund besuchte, den ich mittlerweile anderthalb Jahre nicht gesehen hatte. Er hatte eine komplette Festplatte mit Musik bei sich. Nicht illegal, nein. Seine vollständige Musiksammlung in Form von mp3-Dateien, die er über die Jahre angelegt hatte.

Ich sah, dass er alle drei Alben von KHOLD besass und zögerte nicht lange sie mir anzuhören.
Das was ich hörte war zum ersten Mal seit Jahren tatsächlich hörenswert.
Intensive, raue, simple und im Grunde nahezu minimalistische Musik. Sie bietet keine Rafinessen, keine Verspieltheit, aber sie überrascht eben durch diese Einfachheit und ihre Eindringlichkeit. KHOLD stellen für mich, sowohl programmatisch als auch musikalisch, die Antithese zur inszenierten, medienunterstützten und verkaufszahlenbedingten Musik dar. Nicht, dass sie sich nicht inszenieren oder es vermeiden ihre Verkaufszahlen zu erhöhen. Doch die Art wie sie ihr Image und ihre Musik konzipieren ist der Logik des konventionellen Marktes entgegengesetzt. Einen Marilyn Manson oder die Nine Inch Nails, Rammstein oder Slipnot akzeptiert man einfacher. Die sind Exoten und extravagante Musiker, doch ihre Musik besänftigt wieder durch ihre Geradlinigkeit und reduziert dadurch die provozierenden Komponenten auf ein dekoratives Mindestmass.
Doch was soll Otto-Normal-Hörer mit KHOLD anfangen?


KHOLD - Phantom

Disklammer

Cut1977 und Pluswit versuchen es.

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